Halbzeit in der Goalball Bundesliga: Zweimal hin, alles drin

Reno Tiede vom RGC Hansa blockt einen Ball, Foto: Binh Troung / AktivGOAL

Eine Kolumne von Kevin Barth

Bei den aktuell sommerlichen Temperaturen wähle ich zu Beginn mal einen etwas anderen Vergleich: Wäre die aktuelle Bundesliga-Saison ein Grillteller, dann wäre dort wohl für jeden Geschmack etwas dabei. Von würzig und deftig bis zu locker und leicht gab es an den vergangenen beiden Spieltagen in Dresden und Rostock so ziemlich alles. Und das wichtigste: Für die Rückrunde ist noch alles drin, der Grill muss also nicht noch zusätzlich befeuert werden. Ich werde das in den folgenden Zeilen dennoch ein bisschen versuchen.

Der Chemnitzer BC führt die Tabelle aktuell an. Und das obwohl mit Martin Burkhardt einer der Leistungsträger aus vergangenen Jahren nicht mehr zur Verfügung steht. Als Kompensierungsmaßnahme hilft da sicher die Rückkehr von Felix Rogge, der gemeinsam mit Oliver Hörauf wohl jeder Abwehrreihe Kopfzerbrechen bereitet. Aber auch Philipp Schrader hat erstmals auf der Center-Position seinen Beitrag geleistet. Die einzige Saisonniederlage am zweiten Spieltag gegen Rostock war dann tatsächlich auch eher bitter, weil man das Spiel durch viele individuelle Fehler aus der Hand gegeben hat. Wenn Chemnitz stabil bleibt, also regelmäßig Grillkohle nachlegt, ist der Meistertitel absolut in Reichweite.

Beim amtierenden Titelträger aus Rostock könnte sich vor allem das Ende des zweiten Spieltags so ähnlich angefühlt haben, wie es ein Sprichwort aus „Asterix und Obelix“ besagt: Als wäre ihnen der Himmel auf den Kopf gefallen. 32 Gegentore in nur zwei Spielen, das ist für eine Mannschaft mit diesen Ansprüchen ziemlich fatal. Gegen Chemnitz konnte der RGC noch die Kurve kriegen, gegen Nürnberg gab es eine schmerzhafte 14:19-Niederlage. Natürlich ist die Ausgangsposition mit genauso vielen Siegen wie Chemnitz völlig in Ordnung. Die Abwehr muss dennoch dringend bis zur Fortsetzung der Saison Mitte Oktober ihre Form wiederfinden. Sonst könnte wohl nur ein Zaubertrank die Titelverteidigung bringen.

Auch bei der SSG Blista Marburg ist die Abwehr so ein wenig das Sorgenkind. Es wurden zwar drei von fünf Partien gewonnen, aber trotzdem haben die Lahnstädter eine negative Tordifferenz vorzuweisen und konnten zwei der angesprochenen Siege nur hauchdünn erringen. Dringend entlasten müsste man Nils Emig, der alleine für fast 80 Prozent der erzielten Tore verantwortlich ist. So oder so ähnlich muss sich wohl der Hase im Wettlauf mit dem Igel aus dem bekannten Märchen gefühlt haben. Der Abstiegskampf wird ohne die SSG stattfinden, aber damit es bei Platz Drei bleibt, müsste der Grillmeister, oder wohl eher Trainer, noch ein bisschen was nachlegen. Vielleicht können ja Taime Kuttig und Sebastian Hofmann bald die Offensive etwas mehr beleben. Beide haben denke ich ihr Potential nach langer Pause noch nicht ausgeschöpft.

Den Spieler des zweiten Spieltags stellt für mich der Tabellen-Vierte aus Nürnberg. Thomas Steiger zündete so richtig und ließ gleich 28 Mal das Tornetz erbeben. Den Saisonauftakt hatten er und sein Nationalmannschaftskollege Fabian Diehm noch verpasst. Mit den beiden war die Leistungssteigerung der Franken immens und so kam auch der tolle Erfolg über Rostock zustande. Damit ist Nürnberg natürlich wieder voll in der Verlosung um einen Platz auf dem Treppchen, vorausgesetzt die beiden genannten Schlüsselspieler fehlen kein weiteres Mal.

So ein wenig unglücklich ist in dieser Saison der Aufsteiger SSV Königs Wusterhausen unterwegs. Zwei Spiele gingen nur mit einem Tor Unterschied verloren, darunter gegen die höher eingeschätzten Marburger. Den bislang einzigen Sieg fuhren die Brandenburger gegen das ersatzgeschwächte Nürnberg ein. Potential für den Klassenerhalt ist vorhanden, der Funke müsste nur ein wenig konstanter zünden, um mal wieder auf den Grill-Vergleich zurückzukommen.

Den schwächsten Angriff der Liga stellt bislang die SGV Dresden. Immerhin behauptete man sich knapp gegen KW und kann so mit einem guten Gefühl in die Rückrunde gehen. Auch gegen Marburg waren die Sachsen nah dran, aber es braucht ein bisschen mehr zählbares in den ausstehenden fünf Spielen.

Aktuell gehe ich davon aus, dass die Tabelle bis zum Schluss in drei für sich abgeschlossene Abschnitte eingeteilt sein wird: Ganz oben duellieren sich Rostock und Chemnitz um die Meisterschaft, dahinter kämpfen Marburg und Nürnberg um Bronze und der Abstiegskampf wird zwischen KW und Dresden entschieden. Direkte Duelle werden ein wichtiger Faktor, aber es könnte auch passieren, das Teams aus anderen Tabellenregionen jeweils noch Zünglein an der Wage spielen. Aktuell tippe ich, dass nur noch zwischen den Rängen Drei und Vier ein Tausch erfolgen wird. Ich lasse mich aber auch gerne von Reno Tiede im Falle einer Titelverteidigung am letzten Spieltag in alter Tradition kopfüber durch die Halle tragen. Und jetzt entschuldigt mich, ich muss zurück an den Grill, für die Rückrunde vorheizen!